Freitag, 18. Januar 2019

Sechs Jahre

18. Januar 2013

Es ist gerade erst kurz vor neun Uhr am Morgen, als ich durch die Flure der Uniklinik gehe. Die Angst sitzt in meinem Magen wie ein dicker Knoten und verursacht mir Übelkeit. Angst vor dem, was mich heute erwarten würde. Vor dem Ergebnis, auf das ich seit Tagen warte. Das ich gleichermaßen herbeisehne und fürchte.
Ich nehme auf dem Stuhl vor dem Behandlungsraum Platz und vor meinem inneren Auge erscheint jeder einzelne Tag der letzten Woche. Jeder Tag, an dem ich hier vor dem Raum gesessen und auf die Visite gewartet habe. 
Die zehn Zentimeter lange, frische Narbe und das große Pflaster, das sie bedeckt, erinnern mich daran, was heute vor einer Woche war. Die OP, die (wie mir heute klar ist) mein Leben verändert hat. 
Endlich ist es soweit, die Tür geht auf und der Arzt steht vor mir, bittet mich herein. 
Mit zittrigen Knien stehe ich auf und schlucke gegen den Kloß in meinem Hals an. Jetzt nur nicht heulen! Was auch immer geschieht, nur nicht losheulen! 
Ich bekomme kaum mit, wie er das Pflaster löst und die Narbe an meinem Hals in Augenschein nimmt. 
Ich nicke, als er mir erklärt, dass die Heilung gut verläuft und er heute die Fäden ziehen könne. 
Das alles interessiert mich nicht, ich warte nur auf eines. Auf ein Wort, das wie ein Damoklesschwert über meinem Kopf schwebt. 
Dennoch bekomme ich schmerzhaft mit, wie er den Knoten abschneidet und die Fäden aus der empfindlichen Haut hinter meinem Ohr und den Hals hinab herauszieht. Jedes Mal, wenn ich unter dem Ziepen zusammenzucke, wird das Grinsen des Arztes eine Spur breiter - und der nächsten Faden wird noch ein kleines bisschen ruppiger entfernt, als würde es ihm Spaß machen.
Und der Doktor lässt sich Zeit - ist ein gewisser Sadismus eigentlich Grundvoraussetzung, wenn man Medizin studieren möchte? 
Nein, ich übertreibe, in der letzten Woche habe ich mich hier wahnsinnig gut bereut, verstanden und aufgehoben gefühlt - so wie es in einem Krankenhaus sein sollte. Nur dieser eine Arzt fühlte sich sichtlich als Halbgott in Weiß, das habe ich in den letzten Tagen bereits mehrfach erfahren dürfen. 
Endlich ist der Empathie-Legastheniker fertig und legt die Pinzette beiseite. Er klebt ein frisches Pflaster auf die Narbe und lehnt sich dann breit grinsend in seinem Stuhl zurück. 
"Und?", frage ich. Meine Stimme droht zu versagen, mein festes Vorhaben, auf keinen Fall in Tränen auszubrechen, geriet ins Wanken, und ich verkralle meine zitternden Finger ineinander. 
Einen Moment lang schaut der Arzt mich an, als hätte er keine Ahnung, wovon ich eigentlich spreche. Ja, klar, ich bin ja zum Vergnügen hier! Dann endlich fällt bei ihm der Groschen. 
"Ach so, Sie meinen die Biopsieergebnisse?" 
Ich schaffe es lediglich zu nicken, als er nach meiner Krankenakte greift und darin herumblättert. 
"Der Tumor war gutartig." 
Vier Worte, lapidar dahingesagt und doch schaffen sie es, dass all meine Anspannung auf einen Schlag von mir abfällt. 
Gutartig. 
Nur dieses eine Wort, doch für mich steht viel mehr dahinter. 

"Mach was draus." 
"Du hast noch mal Glück gehabt!" 
"Zeit, etwas zu verändern." 
"Wenn nicht jetzt, wann dann?" 

All diese Sätze und noch einige mehr stehen für mich hinter diesem Wort. In den letzten Wochen, seitdem ich an einem kalten Wintertag kurz vor Weihnachten die Diagnose bekommen habe, habe ich gebangt und gehofft. Doch mir ist auch etwas klar geworden. 
Irgendwann ist es zu spät, meine Träume zu verwirklichen. Und ich weiß nie, wann irgendwann ist.
Und meine größter Traum war es von klein auf, zu schreiben. In der letzten Woche, seit der OP, habe ich einen Plan gefasst - sobald ich wieder auf den Beinen bin, will ich diesen Traum in Angriff nehmen. Was daraus wird, weiß ich nicht. Aber das ist auch zweitrangig - denn es ist an der Zeit, meine Träume wahr werden zu lassen. Das ist alles, was für mich zählt. 


18. Januar 2019

Ja, du hast richtig gelesen, es war der 18.Januar 2013 - heute vor genau sechs Jahren, als ich im Hamburger Universitätsklinikum saß und auf meine Biopsieergebnisse gewartet habe. Das Datum werde ich - genau wie den 11.1.2013, den Tag der OP - niemals vergessen. Und heute ... Heute schaue ich zurück, während ich vor lauter Aufregung nicht so recht weiß, was ich mit mir anfangen soll. 
Diese OP hat mein Leben verändert und ohne diesen - glücklicherweise gutartigen - Tumor wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Wo ich schon immer sein wollte. Ich habe meinen Traum zu schreiben verwirklicht. 💞

Noch zwei Tage, noch 48 Stunden, dann erscheint mein 26. Buch. 😍


Hold me, if I fall - Winter in Colins Creek 



Und darum gehts ... 💕

Du warst da, als ich dich am dringendsten gebraucht habe. Du hast mich gehalten, als ich gefallen bin. Du hättest dich umdrehen und gehen können, aber du bist geblieben.

Mit dem Umzug nach Colins Creek hofft Tara, ihrem alten Leben und ihrer gescheiterten Ehe zu entkommen. Sie und ihre kleine Tochter Amy leben sich schnell in dem kleinen Ort ein. Ihre Nachbarn sind nett und Cooper, der Barista von Coopers Coffee, macht nicht nur den besten Kaffee in der Stadt, sondern ist außerdem auch äußerst attraktiv.


Schon bald fliegen zwischen den beiden die Funken. Doch dann kehrt Taras Ehemann zurück und mit ihm eine Vergangenheit, die sie lieber vergessen würde.


Ich wünsche dir viel Spaß beim Lesen und ein großartiges Wochenende! 
Deine Juli 💖