Freitag, 20. April 2018
Normal anders? Oder anders normal?
Neulich sagte jemand zu mir: "Du bist anders als andere Frauen!"
Ich muss zugeben, im ersten Moment ging mir der Ar*** ein wenig auf Grundeis. ;-) Anders? Was heißt denn anders? Und ist das jetzt gut? Oder eher schlecht?
Ich hab - natürlich - nachgefragt und bekam als Antwort: "Na ja, halt nicht wie andere Frauen. Du bist nicht so normal, du bist halt anders."
Okay, den Rest des Gesprächs erspare ich euch, nur so viel: Dieser Satz kam von einem Mann und er meinte ihn als absolutes Kompliment. :-)
Ich hab mich total darüber gefreut, dass ich so wahrgenommen werde. Allerdings wäre ich nicht ich, wenn ich nicht über solche ungewöhnlichen Sätze - oder besser Komplimente - nachdenken würde.
Dabei ist mir etwas aufgefallen. Egal wo, ob im realen Leben, auf Facebook, Instagram oder sonstwo bezeichnen die Leute sich selbst als "anders". Wenn irgendwo etwas gepostet wird, dass normal ja langweilig wäre, schrei(b)en die Menschen "Ich bin froh, dass ich anders bin!"
Aha ... okay! Jeder ist anders, keiner ist normal.
Was für eine Reisenüberraschung! - Sorry, Ironie ist schwierig zu schreiben, stellt euch einfach mein Grinsen und das Augenzwinkern dazu vor ... ;-)
Ich meine, natürlich ist jeder anders. Schließlich sind wir alle Individuen und niemand möchte gern in eine Schublade gesteckt werden. Allerdings ... Wer entscheidet eigentlich, was normal und was anders ist?
Ein Punker unter Punkern ... Nur so als Beispiel ... ist der anders? Oder ist er da normal? Oder vielleicht normal anders? Oder gar anders normal?
(Könnt ihr meinen verwirrten Gehirnwendungen überhaupt noch folgen? ;-) )
Kommen wir zurück zu meinem Kompliment. Klar freue ich mich, dass ich bei diesem Mann einen solch bleibenden Eindruck hinterlassen habe, dass er mich anders wahrnimmt als andere Frauen. Dass ich ihm (positiv! ;-) ) aufgefallen bin. Aber dennoch ... Bin ich wirklich anders? Oder bin ich nicht einfach normal?
Schauen wir doch mal ...
Ich wohne in einem Haus, habe durchschnittliche zwei Kinder, einen Hund und einen Garten. Ich gehöre in ein kleines Dorf und lebe damit, dass meine Nachbarn sich darüber "austauschen", wenn ich meinen Rasen nicht rechtzeitig mähe. Klingt ganz normal, oder? ;-)
Okay, betrachte ich mich mal von der anderen Seite. Oder sollte ich sagen von der "Anders"-Seite?
Ich habe mehrere Tattoos und Piercings, ich habe genau eine Jeans im Schrank, die kein Loch aufweist. Ich besitze irgendwo ein Paar Pumps, trage sie allerdings nur unter Zwang. Ich habe keinen Schuhtick, gehe ungern shoppen, finde Parfümerien - und auch Parfums - ziemlich unerträglich und wehre mich, außer zu besonderen Anlässen ein Kleid anzuziehen.
Ich gehöre in ein kleines Dorf, in dem die Menschen gern tratschen, aber es interessiert mich nicht sonderlich, wer was über mich sagt und wer sich bei Meier, Müller und Schulze drüber aufregt, dass mein Rasen mal wieder nicht gemäht ist.
Und nun? Bin ich nun anders? Oder bin ich normal? Oder bin ich vielleicht tatsächlich anders normal oder normal anders?
Was denkt ihr? Was bin ich - und was ich viel spannender finde - wie seht ihr euch? ;-)
Wollt ihr wissen, zu welchem Ergebnis ich gekommen bin? ;-)
Also ganz ehrlich - es ist egal, was von alledem ich bin. Wichtig ist mir nur eins: Ich bin ICH!
Ich bin authentisch, ich bin echt. Ich muss anderen keine Lügengeschichten erzählen, um mich besser und überlegen zu fühlen. Ich muss mich nicht in irgendeiner Form an andere anwanzen, nur um zu den "coolen Kids" zu gehören oder erfolgreich zu sein. Ich muss mich nicht verbiegen, um allen Dorfbewohnern zu gefallen.
Ich bin nun mal so, mich gibt es nicht anders. ;-) Ich könnte auch gar nicht anders sein.
Wenn ich heule, wenn ich lache, wenn ich rede wie ein Wasserfall, wenn ich nachdenklich schweige. Ich bleibe ich. Und wisst ihr was? Es gibt Leute, die lieben mich tatsächlich, weil ich genau das bin. ICH!
Vor kurzem habe ich jemanden gefragt, was er eigentlich an mir findet.
Er kennt mich verheult wie ein Baby und mit verschmierter Maskara wie ein Panda. Er kennt mich mich frisch geduscht, noch nass wie ein Fischotter, ungeschminkt und im Schlabberlook. Er kennt meine Narben - die äußeren und die inneren. Er kennt die Seiten, die man eigentlich nicht soooo gern jemand anderem zeigt (erst recht nicht, wenn man denjenigen kaum kennt ... ;-) ), diese dunklen Seiten, die man eigentlich verstecken möchte.
Wisst ihr, was derjenige auf meine Frage geantwortet hat?
"Dass du immer, egal was du tust, authentisch bist."
Ein einziger Satz und dennoch ... Wow! Ich war sehr gerührt, das gebe ich zu. Denn das ist es doch, was ich möchte. Ich möchte geliebt werden für das, was ich wirklich bin. Nicht dafür, zu sein, wie andere mich gern hätten. Und mal ehrlich - wollen wir das nicht alle?
Ich wünsche euch ein sonniges Wochenende und holt euch keinen Sonnenbrand! ;-)
Liebe Grüße
Eure Juli