Unsere Anspannung übrigens auch ;-)
In 3 Tagen, also am Donnerstag, den 26.01.2017, wird unser
neuer Roman erscheinen.
„Flausen im Kopf, Waldschrat im Herzen“
So heißt das Buch und wir hoffen, dass es euch gefallen
wird.
Ihr habt das Cover noch nicht gesehen? Wie konnte das denn
passieren?
Dann werden wir es mal schleunigst ändern.
Heute möchten wir keinen Schnippsel aus unserem Buch zeigen.
Auch keine kleine Leseprobe. Nein, heute möchten wir das komplette erste
Kapitel präsentieren! J
Viel Freude damit!
Zitze
Es klopfte an der Wohnungstür, als
ich gerade meine letzten Klamotten in den Kleiderschrank räumte.
„Hey, Mäuschen. Kommst du klar? Oder
brauchst du noch irgendwas?“, fragte mein Vater, nachdem ich ihn reingelassen
hatte. Er wirkte ein wenig nervös, als er sich in der kleinen
Zwei-Zimmer-Wohnung umschaute.
„Nein, ich glaube, ich habe alles.
Danke schön. Du hättest dir echt nicht so viel Mühe machen müssen. Ich bin doch
schon groß, ich kann für mich allein einkaufen.“ Ich zwinkerte meinem Pa zu und
meine Worte schienen ihn ein wenig zu beruhigen.
„Ach, lass mich meine Tochter doch
mal ein bisschen verwöhnen. Ich hab dich so lange nicht gesehen, da wollte ich
dir einfach gern eine Freude machen.“ Ja, das stimmte. Es war schon wieder viel
zu lange her, dass wir uns gesehen hatten. Ich liebte meinen Pa sehr, doch wir
trafen uns leider nur selten. Nach der Scheidung von meiner Mutter vor zehn
Jahren war er von München in den hohen Norden, in ein Dorf in
Schleswig-Holstein, gezogen. Seitdem war unser Kontakt aufgrund der Entfernung
leider stark eingeschränkt. Auch wenn wir in den letzten Jahren viel
telefoniert hatten, war es doch etwas ganz anderes, als sich zu sehen.
„Ach Papa!“, sagte ich und nahm ihn
in den Arm. Fest drückte er mich an sich und gab mir einen Kuss auf die Haare.
„Ich freu mich so sehr, dass du
endlich hier bist! Auch wenn es nur für drei Monate ist, endlich haben wir mal
ein wenig Zeit für uns“, murmelte er, dann löste er unsere Umarmung und trat
einen Schritt zurück. Wieder schaute er sich um.
„Und du bist sicher, dass du nichts
weiter brauchst?“, fragte er erneut und ich nickte.
„Ganz sicher!“, antwortete ich.
„Fein, dann gehe ich mal … Die Arbeit
ruft. Falls irgendwas sein sollte …“
„Dann brauche ich nur die Außentreppe
hinunterzugehen“, unterbrach ich ihn. Er nickte lächelnd und ließ mich dann
allein.
Ich ging in die Küche und öffnete den
Kühlschrank. Na ja, „ein bisschen verwöhnen“ war wohl die Untertreibung des
Jahres. Die Küchenschränke, der Kühlschrank und das Eisfach waren prall gefüllt
mit all dem, was ich gerne aß. Ich hatte deutlich mehr, als ich brauchte, und
wie es ausschaute, würde ich vieles davon gar nicht schaffen, bevor das
Haltbarkeitsdatum ablief. Aber ich wusste, mein Pa meinte es gut. Es war seine
Art, mir zu zeigen, wie sehr er mich liebte und wie sehr er sich freute, dass
ich hier war.
Vor drei Monaten war mir die Idee
gekommen, nach meinem Germanistik-Abschluss für ein paar Monate herzukommen.
Ich wollte Zeit mit meinem Papa verbringen und mir in aller Ruhe überlegen, was
ich mit meinem Studium anfangen und wo ich mich bewerben wollte. Was eignete
sich dafür besser als ein kleines Dorf und die absolute Ruhe, die hier
herrschte.
Mein Pa war von meiner Idee
begeistert. Sofort hatte er angefangen, die kleine, leer stehende
Einliegerwohnung über seiner Dorfkneipe herzurichten und bezugsfertig zu
machen. Die Wände waren frisch gestrichen, das Parkett abgeschliffen und neu
versiegelt. Er hatte neue, moderne Möbel für mich besorgt und sogar Gardinen in
meiner Lieblingsfarbe aufgehängt. Auch wenn diese Wohnung nicht sonderlich groß
war, war sie einfach traumhaft schön geworden. Ich fühlte mich von der ersten
Sekunde an schon viel wohler, als ich es in meinem WG-Zimmer je getan hatte.
Als ich hier angekommen war, war mein
kleines weißes Auto bis unters Dach voll gewesen mit Kisten und Koffern. Das
Nötigste für die nächsten drei Monate hatte ich mit hierher genommen, der Rest
meiner Sachen war in München eingelagert, bis ich mich endgültig entschieden
hatte, wo ich zukünftig wohnen wollte. Jetzt machte ich mich daran, alles
auszuräumen und in die Schränke zu verstauen.
Zwei Stunden später ging ich über die
Außentreppe nach unten. Ich wollte meinem Vater in der Kneipe ein wenig
Gesellschaft leisten. Auch wenn er bereits seit mittags geöffnet hatte, vermutete
ich, dass nicht viel los sein würde. Wer setzte sich auch schon am Nachmittag
in eine Kneipe?
Das rote Backsteingebäude mit den
großen, weiß gerahmten Sprossenfenstern zur Straße hin wirkte einladend und gar
nicht so verkommen und düster, wie man sich eine kleine Dorfkneipe so
vorstellte.
Über der Tür hing ein hellgelbes
Schild, auf dem in blauen Lettern der Name „Zitze“ stand. Ich konnte nicht
genau sagen, ob es eine Anlehnung an unseren Nachnamen Zitzler war oder ob die
Namensgebung nicht eher mit dem Landleben in Verbindung stand. Wahrscheinlich
war der Name aber doch unserem Nachnamen geschuldet, immerhin wurde ich als
Kind auch häufig damit geärgert. Daher musste ich ein wenig schmunzeln, als ich
die Tür öffnete und eintrat.
Zu meiner Überraschung war schon
einiges los, als ich im Gastraum ankam. Der Großteil der Tische war besetzt und
auch am Tresen saßen bereits einige Gäste. Ich war noch nie hier gewesen, mein
Vater hatte mich immer in München besucht, daher kannte ich seine Kneipe nur aus
Erzählungen.
Überrascht schaute ich mich um. Wie
von außen bereits zu erahnen gewesen war, entsprach auch das Innere nicht dem,
was ich erwartet hatte.
Hell und freundlich wirkte der Laden.
An den Wänden hingen wunderschöne Landschaftsaufnahmen in Schwarz-Weiß. Ein
Trecker, der gerade ein Feld pflügte, ein Waldrand, hinter dem die Sonne
aufging, eine Wildblumenwiese, ein einfacher hölzerner Lattenzaun. Doch schon
auf den ersten Blick war zu erkennen, dass diese Fotos etwas Besonderes waren,
und ich nahm mir vor, meinen Vater zu fragen, ob er sie gemacht hatte.
Besonders gut gefiel mir ein Bild von einem Flusslauf am Waldrand. Obwohl es
schwarz-weiß war, wirkte es so real und romantisch, dass ich mich am liebsten
sofort an das Ufer gesetzt hätte.
„Hey, Sina! Schön, dass du kommst“,
riss die Stimme meines Vaters mich aus meinen Betrachtungen. Er freute sich
sichtlich, mich zu sehen, und so ging ich zu ihm hinüber an den Tresen.
„Magst du was trinken?“, fragte er,
kaum dass ich auf einem der Barhocker Platz genommen hatte.
„Ja, gern. Aber bitte kein Bier!“
Mein Blick wanderte zu den Gläsern, die auf dem Tresen standen. Es war noch
nicht mal 17 Uhr, für meinen Geschmack viel zu früh, um mit Alkohol anzufangen.
Oder lag es daran, dass heute Samstag war und niemand mehr arbeiten musste?
Ich entschied mich für eine Cola
light, und während ich trank, musterte ich die anwesenden Dorfbewohner.
Hauptsächlich ältere Männer waren hier vertreten. An mehreren Tischen wurde
Karten gespielt, andere hatten Würfelbecher vor sich stehen. In einer Ecke war
ein Spielautomat an der Wand, vor dem einer der Herren sein Glück versuchte,
den Jackpot zu knacken.
„Ist das hier immer so?“, fragte ich
meinen Pa und deutete auf die Leute. „Oder gibt es hier so wenig Frauen?“
Mein Vater grinste.
„Nein, hier gibt es schon auch
Frauen. Die Jungs sind fast alle verheiratet. Aber sie werden von ihren Frauen
rausgeschmissen, damit sie nicht im Weg rumstehen, während das Abendessen
vorbereitet wird. Das ist hier ganz normal. Warte mal ab, in einer Stunde sind
die alle weg, dann ist hier Totentanz. Und nach der Tagesschau kommen sie
zusammen mit den Frauen wieder, dann wird es voll hier.“
Ein wenig wunderte ich mich schon
über diese merkwürdigen Gepflogenheiten, aber vielleicht war ich auch einfach
nur viel zu sehr ein Großstadtkind.
Während ich meine Cola light trank,
erzählte mir mein Vater, was es hier alles zu erleben gab. Wobei „erleben“ für
ihn wohl eine andere Bedeutung hatte als für mich. Außer dieser Kneipe gab es
in dem 500-Seelen-Dorf anscheinend nur noch eine kleine Bäckerei. Ansonsten war
hier in der Gegend nichts außer Wald, Feldern, Bauernhöfen und Tieren. Okay,
ich hatte nicht erwartet, dass es hier Diskotheken und Shoppingmalls geben
würde, aber zumindest einen vernünftigen Supermarkt oder ein, zwei
Bekleidungsgeschäfte. Leider wurde ich eines Besseren belehrt. Und nicht nur
das, mein Vater lachte mich sogar aus.
„Sei froh, dass wir hier mittlerweile
vernünftiges Internet haben. Vor anderthalb Jahren musste man sich hier noch mit
einem 56k-Modem über die Telefonleitung einwählen“, erklärte er mir und ich
lachte auf.
„Ja, genau. Sehr witzig, Papa.
Veralbern kann ich mich selbst“, antwortete ich augenzwinkernd, doch einer der
Männer am Tresen mischte sich sofort ein.
„Nee, Mädchen. Zitze verarscht dich
nicht. Das war echt so.“ Eifrig nickend stimmte sein Sitznachbar zu.
„Jo! Aber wat soll’n wa hier auch mit
so’n neumodischen Krams?“, fragte er in breitem Norddeutsch. Ein wenig
geplättet musterte ich die beiden Männer und wunderte mich, wie man im Jahre
2017 noch derart hinter dem Mond leben konnte.
„Keine Angst, Mäuschen. Mittlerweile
sieht es anders aus und in deiner Wohnung gibt es auch WLAN.“ Beruhigend legte
mein Vater seine Hand auf meine und drückte leicht zu. Dankbar lächelte ich ihn
an.
Auf einmal kam Bewegung in die Gäste.
Es schien, als hätten sie sich alle abgesprochen, denn sie standen nacheinander
auf, nickten meinem Vater freundlich zu und verließen das Lokal. Innerhalb von
zehn Minuten war ich mit meinem Pa allein. Und nicht nur das war merkwürdig.
Mir fiel auf, dass nicht einer der Gäste etwas für seine Getränke bezahlt
hatte.
„Was ist denn jetzt?“, fragte ich
verwirrt. Mein Vater deutete auf die große Bahnhofsuhr, die hinter dem Tresen
an der Wand hing.
„Es ist sechs. Jetzt geht’s nach
Hause, in einer halben Stunde steht das Abendessen auf dem Tisch.“ Breit
grinsend polierte mein Pa an einem Bierglas, bevor er es in die Vorrichtung
über dem Tresen hängte und nach dem nächsten griff.
„Ähm … okay … Aber wollen die nicht
zahlen?“ Ich kam mir ziemlich dumm vor, als ich diese Frage stellte, erst
recht, als mein Vater laut loslachte.
„Nö, die haben hier ihre Bierdeckel.
Da schreib ich alles auf und einmal die Woche wird abgerechnet.“
Na, der hatte ja Vertrauen in seine
Gäste. Aber gut, bei geschätzten 500 Einwohnern kannte vermutlich eh jeder
jeden.
Wir hoffen, es hat
euch gefallen und neugierig gemacht!
Wie gesagt ;-) Am 26.01.2017 steht unser Buch für euch
bereit.
Liebe Grüße
Kerry & Ben