Dienstag, 28. Juni 2016

Wie ich zum Schreiben kam

Ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich bereits gefragt wurde, wie ich zum Schreiben gekommen bin. In Interviews, von Freunden und Bekannten ... Eigentlich fragt jeder, sobald ich erzähle, was ich beruflich mache. 
Vielleicht hat der eine oder andere unter euch auch schon meine Antwort auf diese Frage gehört oder gelesen. Aber ... es war nicht die ganz Wahrheit. Bisher wussten nur die wenigsten, warum ich wirklich angefangen habe, meine Geschichten aufzuschreiben. 
Das möchte ich heute ändern. Lange habe ich mit mir gehadert. Warum? Tja ... gute Frage. 
Weil die Emotionen dazu noch immer recht dicht unter der Oberfläche schwimmen. Es ist ein Deckel drauf, und ich traue mich eher selten, diesen Deckel wirklich zu öffnen. Aber ich erzähle einfach mal von Anfang an. ;-) 

Ich war schon immer eine absolute Leseratte. Bereits als Kind habe ich Bücher verschlungen, sie regelrecht inhaliert, und war ein absoluter Buchnerd. ;-) 
Wenn wir für zwei Wochen in den Urlaub gefahren sind, hatte ich immer um die zehn Bücher dabei - und war am Ende des Urlaubs mit allen durch. Ich habe es geliebt, in diese Geschichten einzutauchen, mit den Protagonisten mitzufiebern, zu lachen und auch zu leiden. Ich glaube, das war meine allererste Basis. 

Ich weiß nicht mehr, wer es war, aber ich weiß, dass ich noch klein war - vielleicht 10 Jahre alt. Da hat mir mal jemand gesagt: "Wenn du nachts nicht einschlafen kannst, denk dir Geschichten aus." Ja, und diesen Rat habe ich beherzigt - und mache es auch bis heute! Das war der nächste Stein, meiner Grundmauer, Autorin zu werden. Mit den Jahren wuchs der Wunsch, diese Geschichten aufzuschreiben, meine eigenen Bücher zu schreiben. Aber ich habe mich nie so recht rangetraut. Ich wusste nicht, ob ich es überhaupt konnte und außerdem war ich viel zu schüchtern. Wer würde meine Geschichten schon lesen wollen?  
Ein paar wenige Freunde wussten von meinem Traum und haben mich immer wieder gedrängt, es doch einfach zu versuchen. Und meine Antwort war immer: "Ja, irgendwann mache ich es." 

Bis hierher hat es der eine oder andere von euch vielleicht bereits gewusst. Zumindest war das immer meine Antwort, wenn ich danach gefragt wurde. Doch was mir den berühmten "Tritt in den Allerwertesten" gegeben hat, das erzähle ich euch jetzt. 



Vor gut 3,5 Jahren hab ich eine Diagnose bekommen, die mir ziemlich die Schuhe ausgezogen hat. 
Ich hatte einen Tumor in der Speicheldrüse. 
Die meisten Ärzte meinten damals, dass die Chancen gut stehen, dass dieser Tumor gutartig ist. Aber dennoch ... Die andere Chance bestand auch. 
Dazu kam, dass die OP, mit der der Tumor entfernt werden sollte, nicht ganz ungefährlich war. Es bestand die Möglichkeit, dass mein Gesichtsnerv dauerhaft geschädigt wird und eine halbseitige Gesichtslähmung bleibt, da der Nerv durchtrennt werden musste, um an den Tumor heranzukommen.

Für mich war das (wie ihr euch sicher vorstellen könnt ;-) ) eine ganz furchtbare Zeit. Ich war ziemlich fertig mit den Nerven und hatte wahnsinnige Angst. 
Okay ... ich glaube, ich muss nicht noch näher ins Detail gehen ... ;-) 

Auf jeden Fall haben diese Wochen des Warten und Bangens eines in mir bewirkt - ich habe etwas begriffen. Ein "Ja, irgendwann mache ich es." kann dazu führen, dass man keine Chance mehr bekommt. Dass die eigene Zeit früher abgelaufen ist, als man es sich gedacht hat. 

Als ich im OP lag und gewartet habe, dass ich drankomme, habe ich etwas beschlossen. Ich habe mir selbst geschworen, wenn ich wieder gesund bin, verwirkliche ich meinen Traum. Ich wollte endlich anfangen und aus dem "Irgendwann" ein "Jetzt" machen. Ich wollte anfangen zu schreiben. 

Die OP ist glücklicherweise gut gegangen, mein Gesichtsnerv wurde nicht geschädigt, und auch der Tumor war gutartig. Aber der Eindruck war ein bleibender! Eine 8 cm lange Narbe am Hals erinnert mich jeden Tag daran, dass ich meine Träume leben will, dass ich nichts, was mir wichtig ist, mehr aufschiebe. 

Seitdem hat mein Leben sich verändert. Ich habe mich verändert ... Ich bin nicht mehr das angepasste Mäuschen, das nicht aufmuckt. Ich habe gelernt, NEIN zu sagen - und auch meine Umwelt hat gelernt, dass ich manchmal NEIN sage. ;-) 
Es war nicht immer einfach - ganz sicher nicht! Ich habe sicher viele Menschen vor den Kopf gestoßen, weil sei mich so einfach nicht kannten. Weil sie mich, so wie ich jetzt bin, neu kennenlernen mussten. Einige sind gegangen, weil sie nicht mehr mit mir klar kamen, weil ich nicht mehr wie gewohnt "funktionierte", aber die meisten sind zum Glück geblieben! ;-) 

Ich lebe mein Leben, wie es mir gefällt. Ich versuche jeden Tag zu genießen und ich habe mich endlich getraut, die Geschichten aus meinem Kopf zu lassen und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. 

Das ist der wahre, vollständige Grund, warum ich angefangen habe, Bücher zu schreiben.